Gruppenorganisation
Welche Arten von Gruppen gibt es?
Wenn von "Arten von Gruppen" die Rede ist, dann heißt das nicht, dass Selbsthilfegruppen entweder das eine oder das andere sind. Meist kombinieren Gruppen verschiedene Elemente mit einander. Die Landschaft der Selbsthilfegruppen ist sehr vielfältig ...
Gesprächsgruppe
Sie hat meist 6 bis 12 Mitglieder, die sich regelmäßig treffen.
Sie suchen das Gespräch über ihre Probleme und gemeinsamen Anliegen.
Die Gruppe ist partnerschaftlich und gleichberechtigt organisiert.
Sie arbeitet ohne formalen Leiter oder der Leiter wird von den Mitgliedern (von Treffen zu Treffen) bestimmt, ohne feste Tagesordnung oder Formalien.
Das Gespräch entsteht und verläuft spontan zwischen den Gruppenmitgliedern, orientiert an einem Thema oder an einer Problematik eines oder mehrer Gruppenmitglieder.
Probleme werden durch Selbsterkenntnis und den Erfahrungsaustausch mit den anderen Gruppenmitgliedern bearbeitet.
Programm-orientierte Gruppe
Sie hat oft 6 bis 20 Mitglieder, die sich regelmäßig treffen.
Sie verfolgen ein gemeinsames Anliegen oder eine bestimmte Aktivität (kreative Betätigung, Bewegungsübungen o. a.). Es geht dabei entweder um die Tätigkeit selbst bzw. soziale Kontakte (Freizeitgruppe etc.) oder die Tätigkeit wird zum Instrument der Selbsterfahrung.
Die Gruppe ist partnerschaftlich organisiert, oft ist aber ein Leiter, der über eine entsprechende Ausbildung oder Erfahrung verfügt, für das Programm verantwortlich (macht Vorschläge für Übungen, berät, moderiert etc.).
Bestimmte Methoden und Techniken prägen das Gruppengeschehen.
Viele Selbsthilfegruppen kombinieren Elemente der Gesprächsgruppe und der Programm-orientierten Gruppe (z. B. Entspannungs- / Körperübungen mit Gesprächen).
Nach außen agierende Gruppe
Sie wendet sich an andere Betroffene, an deren Angehörige und an die Öffentlichkeit.
Sie bietet Informationen und Beratung (oder auch andere Dienstleistungen) auch für Menschen an, die keine Beteiligung an der Gruppe wünschen.
Z. T. werden diese Dienste in institutionalisierter Form angeboten (Sprechstunden, Besuchsdienste, Beratungsstellen o. a.).
Gesellschaftlich agierende Gruppe
Ein Problem wird nicht als individuelles, sondern als gesellschaftliches Problem verstanden (z. B. Betonung der gesellschaftlichen Wurzeln psychischer Probleme).
Sie ist stärker organisiert, um nach außen wirken zu können (z. B. Sprecherfunktion oder andere formelle Ämter).
Sie konzentriert sich auf die Öffentlichkeitsarbeit (Info, Beratung, politische Einflussnahme).
Sie betont die Betroffenen-Perspektive.
Selbsthilfeorganisation
Sie ist meist hoch organisiert.
Sie erhebt Mitgliedsbeiträge und sammelt Spenden.
Sie verbreitet Infomaterial und Broschüren.
Sie vertritt die Interessen der Betroffenen gegenüber Gesellschaft und Politik.
Bei der Interessenvertretung kooperieren oft Betroffene und Fachleute.
Welche Organisationsform ist geeignet?
Die Organisationsform hängt u. a. von den Zielen der Gruppe und der Zahl der Mitglieder ab:
Um nach außen wirken zu können, bedarf es meist einer relativ straffen Organisation mit entsprechender Aufgabenteilung.
Solange eine Gruppe weniger als 12 Mitglieder hat, ist es einfach, im offenen Gespräch zu reden und gemeinsam zu entscheiden. Bei mehr Teilnehmern bilden sich schnell Untergruppen und nicht mehr alle kommen ausreichend zu Wort. Mitglieder fühlen sich an den Rand gedrängt oder verlieren das Interesse. Viele Gruppen antworten darauf, indem sie spezielle Ämter schaffen (Gruppenleiter o. a.), die Gespräche stärker formalisieren (Tagesordnung o. a.) und / oder Untergruppen bilden.
Die Entwicklung zur Organisation ist nicht ohne Risiko: Das spontane Gespräch leidet unter “Formalien” (wie z. B. einer Tagesordnung) ebenso wie die Identifikation der Mitglieder. Im schlimmsten Fall steht eine “abgehobene” Spitze einer Basis gegenüber, die nicht mehr zu Wort kommt.
Wenn ihr euch überlegt, ein eigetragener Verein zu werden, kommt noch eine weitere Hürde hinzu: Es gibt Formalitäten, die zu beachten sind: eine geschriebene Satzung, der Eintrag ins Vereinsregister, spezielle Anforderungen an die Buchführung u. a. m.
Sehr gut kombinieren lassen sich in der Regel Gesprächsgruppe und Programm-orientiertn Gruppe, indem z. B. bestimmte Bewegungsübungen Teil der Gruppe werden oder ein gemeinsamer "erlebnispädagogischer" Tag oder Wochenende auf die Beine gestellt wird. Oft bieten Selbsthilfegruppen auch parallel zu den Gruppentreffen Sprechstunden oder Patientenbesuche an.